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Allgemeine Informationen zum Fach Mediävistik
Als Teilbereich der Germanistik beschäftigt sich die Mediävistik mit Texten, die im Zeitraum von den Anfängen der deutschen Literatur im frühen Mittelalter bis zum Beginn der frühen Neuzeit entstanden sind, und umfasst somit etwa die Zeitspanne von 800-1600.
Die Literatur des Mittelalters (medium aevum) eröffnet uns in ihren vielfältigen Ausdrucksformen eine faszinierend-ferne Welt, die ihre Anziehungskraft bis heute nicht eingebüßt hat und deren Modernität oftmals überrascht: eine Welt voll furchtloser Ritter, die auf gefährlichen aventiure-Fahrten ihren Heldenmut beweisen müssen; eine Welt voll verhinderter Liebespaare, die häufig nur auf Umwegen zueinander finden und für ihre minne große Strapazen überstehen müssen, eine Welt mit mächtigen Königen, zauberkundigen Damen und wundersamen Tieren. Siegfried & Kriemhild, Tristan & Isolde, Lohengrin, die schöne Melusine und allen voran König Artus und seine Ritter der Tafelrunde – die Namen vieler dieser Figuren sind uns bis heute so geläufig wie manche Autoren: Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Walther von der Vogelweide, Konrad von Würzburg und Oswald von Wolkenstein.
Dennoch ist dem modernen Leser der unmittelbare Zugang zu diesen literarischen Werken oftmals durch deren Fremdheit verstellt – vormoderne Denkstrukturen und Mentalitäten sowie ein stark christlich geprägtes Weltbild rücken die mittelalterlichen Texte weit ab von den Erfahrungswelten des 21. Jahrhunderts. Und auch die mittelhochdeutsche, selbst noch die frühneuhochdeutsche, Sprache sperrt sich in ihrem fremd-vertrauten Klang oftmals einem spontanen Verständnis. Ziel der Mediävistik ist es daher, die Texte in ihrer kulturhistorischen Tiefendimension begreifbar zu machen und den Studierenden zudem eine Sprachkompetenz und ein Gespür für die besondere Ästhetik der Sprache der Zeit zu vermitteln. Durch den begleitenden Blick auf die spezifischen überlieferungsgeschichtlichen Erscheinungsformen der Texte, die häufig ebenso schmuckvoll-farbig illustrierten wie kostbar ausgestatteten Handschriften, sollen darüber hinaus die Strukturen des mittelalterlichen ‚Literaturbetriebs‘, die Verfahren von Textproduktion und -rezeption der Zeit, näher betrachtet werden.