Geschichte und Profil der Bonner Komparatistik
Vergleichende Literaturwissenschaft kann an der Universität Bonn seit 1967 als eigenständiges Fach studiert werden. Es knüpft an eine lange Tradition komparatistischen Forschens an, die von August Wilhelm Schlegel über Oskar Walzel bis hin zu Ernst Robert Curtius reicht. Der erste Inhaber eines komparatistischen Lehrstuhls war Horst Rüdiger (1967-1973), der die Fachzeitschrift arcadia und die Deutsche Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft gegründet hat. Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre lagen auf dem Nachleben der Antike, der humanistischen Tradition und den deutsch-italienischen Literaturbeziehungen. Erwin Koppen (1974-1990) legte den Akzent auf die Erforschung der literarischen Moderne, stellte mit seinen Untersuchungen zum Verhältnis von Literatur und Fotografie aber auch die Weichen für eine intermedial ausgerichtete Komparatistik. Dolf Oehler (1991-2008) hatte Schwerpunkte in der Analyse der deutsch-französischen Literaturbeziehungen und der europäischen Moderne und bemühte sich zugleich um eine globale Erweiterung der Perspektive. Unter seiner Ägide wurde eine zweite komparatistische Professur eingerichtet. Franz-Josef Albersmeier übernahm sie (1994-2009) und trieb mit seinen filmanalytischen Studien den Ausbau der intermedialen Komponente voran.
Gegenwärtig wird die Bonner Komparatistik von Christian Moser (seit August 2009) und Sabine Mainberger (seit April 2010) repräsentiert. Beide vertreten das Fach in seiner ganzen Breite, setzen aber unterschiedliche Akzente, die sich sinnvoll ergänzen. C. Mosers Schwerpunkte liegen in den Bereichen Weltliteratur und Globalisierung, Kulturtheorie und Kulturgeschichte sowie Antikerezeption, diejenigen S. Mainbergers in den Feldern Intermedialität, Wissensgeschichte und Ästhetik. Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, die Bonner Tradition einer breit angelegten Komparatistik fortzuführen und das Fach gleichzeitig für neue kulturwissenschaftliche Fragestellungen zu öffnen.
Christian Moser / Sabine Mainberger