Anja Utler
Die 1973 in Schwandorf geborene Schriftstellerin Anja Utler hat im WS 2018/19 die Thomas Kling-Poetikdozentur der Kunststiftung NRW an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn übernommen. Die feierliche Antrittsvorlesung der neuen Poetikdozentin „Barfußgedanken. Über die gestrichelten Linien zwischen Anne Carson, Thomas Kling und Sudermann & Söderberg“ fand am Montag, den 9. Juli 2018 im Bonner Universitätsforum statt.
Anja Utler schreibt Poesie und Prosa und übersetzt. Sie hat Slawistik, Anglistik und Sprecherziehung studiert und über moderne russische Lyrikerinnen promoviert. Derzeit lebt sie in Regensburg und Wien. Für ihre sprachkünstlerische Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet und gefördert; unter anderem erhielt sie 2003 den Leonce-und-Lena-Preis und 2016 den Heimrad-Bäcker-Preis. Auch wurde sie mit dem Lyrikpreis der Südpfalz und 2021 mit dem Ernst-Meister-Preis für Lyrik der Stadt Hagen ausgezeichnet. 2023 erhielt sie den Ernst-Jandl-Preis für Lyrik. Zu ihren Publikationen gehören die Gedichtbände münden - entzüngeln (2004), jana, vermacht (2009), ausgeübt. Eine Kurskorrektur (2011) und die Sammlung Von den Knochen der Sanftheit. Behauptungen, Reden, Quergänge (2016). Zuletzt erschien der Band kommen sehen. Lobgesang (2020).
Für Anja Utler ist ein Gedicht nicht eine bestimmte Form, sondern ein Ort akuter Gegenwart: Lyrisches Sprechen heißt hier Wirklichkeit „ersprechen“. Laute und Rhythmen sind darin ansteckende körperliche Realitäten, und Bedeutungen entstehen in offenen Prozessen, beim Lesen oder Hören. Schreib-sprechend sucht die Autorin dorthin zu gelangen, wo befreiende Unsicherheiten möglich werden, es aber auch wehtun kann, weil die Sprechende sich ohne schützende Abstände exponiert. Angreifbarkeit ist dabei kein Thema, sondern das Gestaltungsprinzip. Ebendies macht Lyrik zum privilegierten Ort für eine (auch) politisch gedachte Intervention.
Seminar
Antrittsvorlesung
Laudatio: Prof. Dr. Sabine Mainberger (Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaften)